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Zepp

Zäppche/Zepp, hat an der Nappe gewohnt, jetzt Gasthaus zur Nappe. Seine  "Heldentat" war, daß er mit seiner Mutter oberhalb Tiefenorts auf einem  Acker beim Unkraut jäten war, als  im ersten Weltkrieg Zeppelin LZ 101    in der Nacht vom 19. zum 20. Oktober 1917  angeschlagen aus England vom Feindflug zurückkam, und wegen Brennstoffmangel am 20. Oktober am frühen Vormittag zu einer Notlandung ansetzte. "Zepp hat den Zeppelin kaputt ganz gemacht" sagten  damals die Tiefenorter Bürger, einer Nachbargemeinde im Werratal. Zepp aber schwor Stein und Bein, das wären die Tiefenorter mit ihren Schnürsenkelschleifchen gewesen.

Zepp war nämlich nach seinem Bericht der erste, welcher unter dem Luftschiff stand. Die Besatzung warf ein Seil runter, welches Zepp an einen dicken Baum  festbinden sollte. Das machte der dann auch mit einem Zimmermannschlag, welcher er von seinem Vater gelernt hatte. Als das erste Besatzungsmitglied an einer Hängeleiter herunter krabbelte schrie ein Tiefenorter, welcher inzwischen dazu geeilt war, den Jungen Mann an, " was das für ein Knoten sei", mit dem er das Seil an einem Baum festgebunden  hatte. "Na en Schlag" sagte der Zepp und erntete die höhnische Antwort  "die Salzunger Heringsschwänz", das war der damalige Spitzname für alle Salzunger in  der Gegend, "können noch nicht einmal einen richtigen Knoten - "Eu könnt noch nichma Schnürsenkel gebind!"

Dann rannte er zu anderen Seilen, welche von der Besatzung heruntergelassen wurden und band mit einigen anderen Tiefenortern,  welche inzwischen zur Hilfe eilten, an ein zwei Bäumen die Seile eben mit diesen  Schnürsenkelschleifchen fest. Dann kam er zurück und zog an dem losen Ende des Schlages  um einen "ordentlichen Knoten" zu machen. Das Ergebnis war nun, daß sich der Schlag  schlagartig öffnete und das 196 Meter lange Luftschiff mit der Spitze kurz noch einmal nach  oben schwenkte und mit der Kanzel auf den Acker krachte. Die "Tiefenorter Schnürsenkelschleifen"  gingen dann ebenfalls auf und weil man inzwischen   hektisch Gas abgelassen hatte, donnerte das Luftschiff mit der Kanzel   auf den Acker und der schöne Zeppelin war ganz kaputt und mußte später an Ort und Stelle abgewrackt werden. 

Zum Glück im Unglück passierte nicht die Katastrophe, daß sich das Wasserstoffgas entzündete und die Besatzungsmitglieder ums Leben kamen. In der Hektik der nachfolgenden Bergung des Luftschiffes und der Rettung der anderen Besatzungsmitglieder hatte Zepp keine weitere wichtigen  Hilfen mehr zu erledigen als  irgendwelche Seile mit festzuhalten und ja nicht loszulassen. Spät in der Nacht kam Zepp mit seiner Mutter von Tiefenort nach Hause und hatte gottseidank mit seiner Mutter, einen Zeugen, welche bestätigen konnte, daß der Jung das schon richtig gemacht  hätte - nur halt die Tiefenorter sollten doch künftig besser Sandalen mit Schnallen  tragen, damit sie ihre Schuh nicht verlieren. Zepp hatte aber jetzt das Biertischthema seines Lebens, wozu in der Stammkneipe Luttersch Ferd ein Tisch an einen Deckenbalken mit einem Zimmermannsschlag festgebunden wurde. Meistens fand sich dann immer ein Fremder oder Kurgast, welcher einen ordentlichen "Tiefenorter" oder anderen  Knoten machen solle um den Tisch fester zu binden. Dazu bräuchte er nur an dem Ende  des Seiles zu ziehen....wobei es den gemeinen Effekt gab, das dem uneingeweihten  Gast der Tisch auf den Kopf viel. Mit einem martialischen Johlen wurden diese Ereignisse dann bis in die 40er Jahre oft  gefeiert und Zepp hatte seinen Spitznamen bis zu seinem Tod 1956 weg. Natürlich erzählte man sich dann später in Tiefenort die umgekehrte Variante dieses Ereignisses, welches damals in dieser ländlichen Region eine absolute Sensation war, als diese Riesenzigarre vom Himmel fiel. 

In Bad Salzungen fand damals schon auf einer Spaßpostkarte das Thema Zeppelin seine Würdigung, wo man sich vorstellte, daß die Kurgäste per Luftschiff nach Bad Salzungen zu Kur geflogen werden.
 

In vielen Salzunger Familien hatte dieses Ereignis, welches Zepp bei jeder sich bietenden Gelegenheit kommentierte zur Folge, daß einige Salzunger Jungen nicht mehr den Beruf des Vaters erlernen mochten, sondern unbedingt Luftschiffer werden wollten und sich dieser Wunsch immer mehr bei einzelnen ernsthaft  prägte. Als der  Sohn vom Uffläder II seine Lehre als Mechaniker hinter sich hatte, gab es aber kaum noch Luftschiffe, weil inzwischen die Flugzeuge den Himmel erobert hatten. Er studierte dann Flugzeugmotorenbau und landete über Anstellungen bei Dornier und Focke Wulf schließlich bei Junkers in Dessau und hatte Anteile an konstruktiven Verbesserungen des Fahrwerkes der Tante Ju, dem ersten Ganzmetall-Passgierflugzeug der Welt, auf das er und natürlich auch sein Onkel Zepp ungeheuer stolz waren.

1969 half ich meinem Tiefenorter Schwiegervater  beim Schweineschlachten. Ich solle das Seil halten, mit dem das Schwein an den Hinterläufen gehalten wurde. Als der Fleischer dem Schwein Abschußgerät in den Schädel schoß, ließen alle anderen, welche das Schwein bis dahin  festgehalten hatten, blitzschnell los und ich  hatte alleine die im Todeskampf zuckende  Sau am Seil in der Hand und zappelte hinter dem sterbenden Chaos auf dem Hof hinterher. "Ich solle doch einen Schlag machen" riefen die lieben Tiefenorter Verwandten, "dann wäre die Sau wie ein Zeppelin zur Ruhe zu bringen". Am Abend vorher hatte ich die Geschichte von Zepp in seiner Version erzählt und "das Zeppelinanbinden" mit dem Knoten - Schlag  und einen Tisch demonstriert.

LZ 101/L55, gebaut in Löwental, hatte eine Länge von 196, 5 Meter, einen größten Durchmesser von 23,9 Meter, 56,000 Kubikmeter Traggas Volumen, wog 40 Tonnen und 5 Maybach Motoren lieferten 1200 PS. Die Höchstgeschwindigkeit war ca. 100 km/h, und die größte Reichweite 13.500 Km. LZ 101 unterstand der Marine, und hatte seine erste Probefahrt am 1.08.1917. Das Einsatzgebiet war die Westfront, Nordsee, England. Standort war Nordholz, ab 6.10.1917 Ahlen. Interessant innerhalb der Luftfahrzeuggeschichte war, daß LZ 101 bei seinem letzen Einsatz unfreiwillig 7600 Meter (Höhenrekord eines Zeppelins) erreichte.

Unter Kapitänleutnant Flemming wurde das Luftschiff nach schweren Schußverletzungen nach Thüringen abgetrieben. "Nach seinem Angriff hatte das Schiff London überquert und befand sich dann hinter der Westfront. Um diese zu überwinden, stieg L 55 auf 7300 m Höhe. Der Kommandant glaubte, nachdem  die Besatzung  sich von der Schwäche und den bewußtseinsstörungen des Höhenfluges notdürftig erholt hatte, über Aachen die Orientierung wieder zu finden und meldete dementsprechend nach Alhorn, setzte danach den Kurs ab. Da der Luftkreuzer aber in wirklichkeit bei Darmstadt stand, geriet er parallel zu seinen gewollten Kurs nach Tiefenort, wo er total ausgelandet notlandete."  (Quelle: Zeppelin Museum Friedrichshafen, Dr. Otto Dieckerhoff: "Deutsche Luftschiffe 1914 - 1918", Betrachtungen und Tabellen)

 

. richard hebstreit 
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